Einmal nicht an Fluchtwege und Prüfstatik denken, für viele Architekten ein seltener „Luxus“. Je enger sich das Korsett technischer und wirtschaftlicher Zwänge um die Baukunst legt, desto mehr genießen Gestalter die seltener werdenden kirchlichen Projekte. Aus der traditionellen „Königsdisziplin“ Kirchenbau wurde ein Experimentierfeld der Moderne. Grenzenlose Freiheit verspricht die „Papierarchitektur“: rein utopistische Kopfgeburten, die das Zeichenpapier nicht verlassen. Vom 18. bis 20. Juni 2015 trafen sich Haupt- und Ehrenamtliche in Kohren-Salis bei Leipzig zur 3. Land-Kirchen-Konferenz. Eingeladen hatte die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) unter dem Thema „Kirchenbilder – Lebensbilder“, um Probleme und Chancen im ländlichen Raum auszuloten. Nach Einführungsvorträgen, Gruppenarbeit und Exkursionen schloss der dritte Konferenztag mit dem Referat der Verfasserin „Papierkirchen. Wie Architekten sich Kirche ausmalen und was wir davon haben“.

Ohne den Zwang der Gewinn- und Flächenmaximierung entwickelten Baukünstler so wunderbar unvernünftige, überraschend mutige Visionen davon, wie Kirche auch aussehen kann – und vielleicht sollte. Manche dieser „Papierkirchen“ schafften es über Umwege dann doch in die Realität, wenn z. B. ein Bottroper Pfarrer vom großen Theoretiker Rudolf Schwarz ertrotzte, eine seiner Skizzen tatsächlich umzusetzen. Oder wenn die Experimente des russischen Papierarchitekten Alexander Brodsky zum Bau transparenter mobiler Kapellen anregten. Umgekehrt nahm das Papier in seltenen guten Momenten konkreten Einzug in den Kirchenbau: von den erdbebenfesten Notbauten eines Shingeru Ban bis hin zu den Kunstinstallationen eines Michael Pendry.

 

Bild: München, Heilig-Geist-Kirche, Installation von M. Pendry, 2014/15 (Foto: GFreihalter, CC BY SA 3.0)

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